Schwerbehinderung beantragen: alle Infos
Nicht nur wer im Rollstuhl sitzt, sollte den Grad der Behinderung (GdB) feststellen lassen. Auch bei anderen Erkrankungen (Migräne, Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, milde Verläufe von MS) könnte die Schwerbehinderung anerkannt werden. In der Regel beträgt der GdB bei RollstuhlfahrerInnen mindestens 50 (%). Ab diesem Wert gilt man als “schwerbehindert” und hat das Recht, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen. Damit einher gehen zahlreiche Vorteile (Nachteilsausgleiche).
Grad der Behinderung feststellen lassen: der Ablauf
Als “behindert” gelten “Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können.” (Quelle: SGB IX - Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen).
Eine Schwerbehinderung (auch: Schwerstbehinderung) liegt dann vor, wenn der sogenannte Grad der Behinderung (kurz: GdB) bei mindestens 50 liegt. Diesen stellt ein vom Versorgungsamt bestellter Amtsarzt fest. Als Grundlage dienen dabei die Richtwerte der GdS-Tabelle. Die Abkürzung “GdS” steht für “Grad der Schädigung” und definiert die Schwere einer körperlichen oder psychischen Schädigung.
Schritt 1: Hausarzt konsultieren
Sprechen Sie in einem ersten Schritt unbedingt mit Ihrem Hausarzt. Dieser wird Ihnen bereits eine Einschätzung geben können, ob ein Schwerbehindertenausweis-Antrag erfolgreich sein wird und welche Unterlagen Sie noch benötigen. In diesem Zusammenhang kann es sinnvoll sein, Ihren Arzt schriftlich von der Schweigepflicht zu entbinden. Die Versorgungsämter können so ohne Umwege Kontakt zum Hausarzt aufnehmen und besser über Ihren Antrag entscheiden.
Schritt 2: Antrag beim Versorgungsamt stellen
Erfragen Sie bei der Kreisverwaltung, welche Stelle - welches Versorgungsamt - in Ihrem Fall zuständig ist. Teilweise können Sie den Antrag auch ganz bequem online stellen. Fügen Sie bestenfalls sämtliche Unterlagen (in Kopie) bei, die dem Gutachter eine schnelle Bewertung Ihres Anliegens ermöglichen:
- Befunde und Gutachten
- Krankenhaus-Entlassungsberichte
- Nachweise und Berichte über Reha-Aufenthalte
- Laborbefunde
- Eventuelle Gutachten (Pflegegrad, Rentenbescheide)
- Biometrisches Lichtbild
Schritt 3: Rückmeldung abwarten und ggfs. Widerspruch einlegen
Warten Sie ab, wie das Versorgungsamt entscheidet. Sollten Sie mit dem Grad der Behinderung nicht einverstanden sein, haben Sie einen Monat Zeit, Widerspruch einzureichen. Andernfalls akzeptieren Sie die Entscheidung des Versorgungsamts. Wichtig zu wissen: Schwerbehindertenausweise sind maximal fünf Jahre gültig und müssen rechtzeitig verlängert werden. Allerdings hat das Versorgungsamt auch die Möglichkeit, den Schwerbehindertenausweis unbefristet auszustellen.
Vorteile eines Schwerbehindertenausweises
Wer unter einer Schwerbehinderung leidet und dies entsprechend durch den Schwerbehindertenausweis nachweisen kann, erhält sogenannte Nachteilsausgleiche. Diese sind als „Hilfen für behinderte Menschen zum Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile oder Mehraufwendungen“ im § 209 SGB IX definiert.
Zu den Vorteilen zählen günstigere Eintrittspreise, mehr Urlaubstage und Steuervorteile (Behindertenpauschbetrag). Auch öffentliche Verkehrsmittel wie Busse und Bahnen (nur im Nahverkehr) können gratis genutzt werden.
Menschen mit Behinderung haben in der Regel höhere Aufwendungen (z. B. für Hilfsmittel, die nicht von der Pflege-/Krankenkasse übernommen werden) als Menschen ohne Handicap. Die Nachteilsausgleiche sollen diese finanziellen Belastungen wenigstens zu einem gewissen Teil ausgleichen.
Grün oder grün-orange: zwei Arten von Schwerbehindertenausweisen
Es wird grundlegend zwischen zwei verschiedenen Arten von Ausweisen unterschieden: dem grünen Schwerbehindertenausweis ohne Merkzeichen sowie dem Schwerbehindertenausweis in Grün und Orange mit Merkzeichen - z. B. G (gehbehindert), Bl (blind), aG (außergewöhnlich gehbehindert), H (hilflos), Gl (gehörlos), VB/EB (Versorgungsberechtigte unter bestimmten Umständen).
Die Merkzeichen sind u.a. wichtig, um eine kostenlose Beförderung im öffentlichen Personenverkehr geltend machen zu können. Auch bei vielen Automobilherstellern werden erst unter Vorlage eines Schwerbehindertenausweises mit Merkzeichen Rabatte auf ein Kfz gewährt.
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